Freitag 27 Januar 2017

Israels gewalttätiges Vorgehen in Umm Al-Hiran und die ethnische Säuberung Palästinas

Freitag 27. Januar 2017

Gestern haben israelische Polizeikräfte Häuser und Strukturen in Umm Al-Hiran, einem Beduinendorf in der südlichen Negevwüste, zerstört. Dabei gab es zwei Todesfälle: den des Dorfbewohners und Schullehrers Yaqoub Musa Abu Al-Qia’an sowie den des Polizisten und 1. Sergeanten Erez Levi.

Al-Qia’an wurde erschossen, während er langsam fuhr, bevor er beschleunigte und in Polizisten Hügel abwärts fuhr. Während mehrere Augenzeugen sagten, es sei geschossen worden, bevor er beschleunigte (was später durch ein veröffentlichtes Video aus einem Polizeihelikopter bestätigt wurde), wodurch er die Kontrolle (über das Fahrzeug) verloren haben oder in Panik geraten sein könnte, hat die Polizei sofort bekannt gegeben, Al-Qian könnte „dschihadistische Sympathien“ gehabt haben, weil bei der Durchsuchung seines Hauses Kopien von Israel Hayom (der von Sheldon Adelson finanzierten rechtslastigen Zeitung) von 2015 mit einer Balkenüberschrift von einem Bombenanschlag des IS sowie Bücher in Arabisch gefunden wurden. Eine solche Zeitung, die meistgelesene Zeitung in Israel, mit einer Balkenüberschrift, wie sie typisch für sie ist, ist sicher sehr verdächtig. Ebenso der Besitz arabischer Bücher. Hätte Al-Qia’an nur yiddish lesen sollen?

Wenn es da etwas Unmissverständliches gibt, dann ist es die hysterische und pathetische Eile der Autoritäten, dies islamischen Terror zu nennen. So wie sich Netanyahu beeilte, den Unfall mit dem LKW in Jerusalem am 8. Januar als „Terror des IS“ zu bezeichnen und in Verbindung zu Frankreich und Deutschland zu bringen, beeilte er sich jetzt mit seiner Hetzkampagne des Herstellens von Verbindungen fortzufahren und eine Linie von Jerusalem zu Umm Al-Hiran zu ziehen: „Er ist bei einem Terroranschlag mit einem Fahrzeug getötet worden“, sagte Netanyahu über den Polizisten.

Der stellvertretende Kommandeur der Polizei für den Süddistrikt, Peretz Amir, nannte trotz der ernsten Zweifel und Widersprüche jeden, der es wagt das offizielle Narrativ anzuzweifeln, dumm: Er sagte, der Vorfall sei „ein bewußter Anschlag. Es ist eindeutig. Das ist Fakt. Es gibt keine andere Erklärung, und jeder, der versucht eine alternative Erklärung zu geben, war zu dem Zeitpunkt nicht dort oder versteht nicht.“

O.k., seien wir dumm. Zoomen wir für einen Moment weg, und schauen wir auf die Geschichte von Umm Al-Hiran aus einer weiteren Perspektive:

Umm Al-Hiran ist eines der 39 nicht-anerkannten Beduinendörfer im südlichen Negev in Israel.

Die Ortschaft wurde zuerst 1948 von seinem historischen Platz von israelischen Streitkräften vertrieben, gemäß der Politik der ethnischen Säuberung „die Wüsten zum Blühen bringen“, als ob dort, wo es Blumen gibt, es natürlich jüdische, nicht palästinensische oder Beduinen-Siedlungen sind. An die Stelle des Ortes kam der jetzt Kibbutz Shoval genannte Kibbutz. Nicht-jüdische Bürger wurden generell als ’Araber’ betrachtet und standen von 1948 bis 1966 unter Militärregime. Nach 1948 wurde Umm Al-Hiran von dieser Regierung befohlen in ein Gebiet namens Lagiyya umzusiedeln, und 1956 wurden sie wiederum per Militärbefehl nach Wadi Atory vertrieben, wo sie bis heute geblieben sind. Demnach hat der Staat, nachdem er sie umgesiedelt hat, ihren Wohnort 1956 de facto genehmigt.

Aber seit 2001 begann die israelische Landbehörde Umm Al-Hiran als „ernstes Hindernis“ für ihre Siedlungspläne zu betrachten. Zu den Plänen gehörte die Errichtung einer neuen, jüdischen Ortschaft mit dem Namen – könnt Ihr es erraten? Hiran.

Der Name hat eine Wirkung im Hebräischen, er erinnert an die berühmte Rede von Moshe Dayan im Technion von Haifa 1969, die Ha’aretz zitiert: „Jüdische Dörfer wurden errichtet anstelle arabischer Dörfer. Ihr wisst nicht einmal die Namen dieser arabischen Dörfer, und ich gebe Euch nicht die Schuld, denn die Geografiebücher existieren nicht mehr, und die arabischen Dörfer gibt es auch nicht mehr. Nahlal entstand anstelle von Mahlul; Kibbutz Gvat anstelle von Jibta; Kibbutz Sarid anstelle von Huneifis; Kfar Yehoschu’a anstelle von Tal al-Shuman. Es gibt keinen einzigen Platz in diesem Land, auf dem gebaut wurde, an dem es früher nicht eine arabische Bevölkerung gab.“

Umm Al-Hiran hat versucht, das Schicksal ethnischer Säuberung gemäß dem Prinzip „Judaisierung“ mit einem langen, sich hinziehenden Rechtsstreit abzuwenden. 2015 aber, nach 13 Jahren Streit, war der Kampf endgültig verloren, nachdem er bis in die höchstmögliche Instanz gelangt war, zum Israelischen Obersten Gerichtshof. Wie ihr Anwalt Suhad Bishara vermerkt, hat der Gerichtshof zwar die anfängliche Behauptung des Staates, die Dorfbewohner seien „Eindringlinge“ zurückgewiesen, aber mit der Gleichung gearbeitet, „der Staat hat gegeben hat, der Staat kann nehmen“. In seiner Entscheidung hat das Gericht die Absicht des Staates anerkannt, das Beduinendorf zu zerstören, um einen Ort „mit einer jüdischen Mehrheit“ zu errichten. Wie Adalah (Legal Center for Arab Minorities in Israel) zusammenfasst; „hat das Gericht gefolgert, habe der Staat den Beduinen-Bürgern nur erlaubt in Atir-Umm Al-Hiran das Land, das Staatsland war, zu nutzen (von mir hervorgehoben), und der Staat habe deshalb das Recht gehabt diese Entscheidung zu widerrufen und das Land wieder an sich zu nehmen und damit zu tun, was er will, sogar nach 60 Jahren dauernder Nutzung des Landes und des Wohnens. Daher haben die Bewohner von Umm Al-Hiran gemäß der Gerichtsentscheidung im Lauf der Jahrzehnte des Wohnens und der Landnutzung nicht den Status von Eigentümern oder eigene Rechte über ihr Land erworben.“

Wir verstehen daher den Fall von Umm Al-Hiran als einen von vielen und Teil einer übergeordneten Politik der Gewalt: der ethnischen Vertreibung. Diese Politik ist von der höchsten juristischen Institution des Landes genehmigt worden – dem Obersten Gerichtshofs. In diesem Zusammenhang ist es nicht überraschend, dass Professor Yeshayahu Leibowitz, einen der früheren Richter an dem Gericht (Moshe Landau) als ’Judeo-Nazi’ betrachtete, als dieser 1987 tatsächlich Folter erlaubte.

Wir haben hier also diese systemische Gewalt. Und während mehrere Augenzeugen von Polizeigewalt am Ort berichteten, wird das Geschehen, das zwei Todesfälle zur Folge hat – des lokalen Fahrers und des Polizisten – rasch eingeordnet, nicht als die Gewalt von Enteigneten, sondern als Terror und nichts weniger als islamisch motivierten Terror. Der Polizist ist natürlich das Opfer, darüber darf kein Zweifel bestehen, und der Dorfbewohner ist ein Terrorist – auch darüber darf kein Zweifel bestehen.

Ich hätte viele andere Details bezüglich des Geschehens erwähnen und gründlich auf das Drama der Entlassung des Sprechers (host) im Armeeradio eingehen können, der Sympathie mit dem Fahrer ausgedrückt hatte; ich habe beschlossen, mich mehr auf das größere Paradigma zu konzentrieren. Denn die Gewalt liegt darin, in diesem größeren Paradigma. Sie ist in der Hetze, die von Sicherheits- und Regierungsfunktionären folgt. Die Gewalt ist in der Propaganda und sie ist in der Politik. Und wenn wir das nicht sehen, wird unsere Aufmerksamkeit leicht von Schüssen, Toten und „Terror“ abgelenkt.

- Lieber Donald Trump: Ein Brief aus Palästina
„Die Vereinigten Staaten müssen damit anfangen, Palästinenser und Israelis als Gleichberechtigte zu behandeln“.

Mein Name ist Issa Amro. Ich bin ein palästinensischer Menschenrechtler, 36 Jahre alt, aus Hebron in der von Israel besetzten West Bank ( Westjordanland ), wo ich für eine Organisation arbeite, die „Jugend gegen Besiedlung“ heißt.

Während wir tausende Meilen voneinander entfernt wohnen und uns niemals getroffen haben, ist mein Schicksal enger mit dem Amt verbunden, dass Sie innehaben ( werden ), und damit, welche Entscheidungen ein US Präsident trifft, als viele Menschen denken mögen. Die Unterstützung der USA auf militärischem, wirtschaftlichem und diplomatischem Gebiet hat es Israel ermöglicht, seine Besetzung Palästinensischer Gebiete fortzusetzen und sein rassistisches Apartheid - Regime aufrecht zu erhalten.

Meine Jugend habe ich nicht damit verbracht, lange über meinen beruflichen Werdegang nachzudenken oder durch die Welt zu reisen: Der Würgegriff, in dem die Israelis unsere Gesellschaft halten, schränkt meine Möglichkeiten in jedweder Hinsicht ein. Stattdessen engagiere ich mich in beinahe täglich stattfindenden Auseinandersetzungen mit feindlichen Siedlern und einer Besatzungsarmee. Beide wollen, dass meine Familie, meine Freunde und ich selbst das Land verlassen und niemals zurückkehren.

Wir müssen regelmäßig große Umwege in Kauf nehmen, wenn wir nach Hause wollen, da die israelischen Siedler die Straßen und Wege zu unseren Häusern oder zum Marktplatz blockieren – sie halten sogar unsere Kinder davon ab, zur Schule zu gehen. Israel verweigert den Palästinensern regelmäßig das Recht, sich auf bestimmten Straßen zu bewegen.

Israel begeht unaufhörlich Verbrechen - nicht nur durch seine Siedlungspolitik. - Die Siedler haben mich mehrfach angegriffen, wenn ich Touristen durch Hebron führte, warfen mir Beleidigungen nach, oder, schlimmer noch, bedrohten mein Leben. Ich wurde angehalten, abgetastet und geschlagen, manchmal sogar auf meinem eigenen Grundstück.

In diesem Jahr werde ich bei einem Prozess vor einem Militärgericht erscheinen müssen wegen einer ganzen Serie von erfundenen, Jahre alten Beschuldigungen. Viele sehen das als gezielten Angriff auf mein Menschenrechtsengagement. Falls ich überführt werde, könnte es passieren, dass ich Jahre im Gefängnis eingesperrt würde, und natürlich habe ich Angst davor, kostbare Zeit dort zu verlieren. Ich fürchte mich davor, dass die Einschüchterungen, denen ich ausgesetzt bin, andere junge Palästinenser davon abhalte werden, wie ich aktiv zu werden und sich in gewaltfreiem Einsatz für Menschenrechte zu engagieren, die wir so dringend gebrauchen.

Ich wünschte, meine Geschichte wäre einzigartig, aber die Wahrheit ist: Seit siebzig Jahren leben Millionen von Palästinensern unter einer brutalen israelischen Militärdiktatur.

Sie gewährt uns nur wenige Rechte - wir haben nicht einmal das Recht, friedlich zu protestieren - beraubt uns unseres Landes für Siedlungen, die einen Verstoß gegen die offizielle Politik der Vereinigten Staaten darstellen, und hält uns in isolierten Enklaven in unserem eigenen Land gefangen.

Gleichzeitig leiden palästinensischer Bürger Israels, die etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung ausmachen, an weit verbreiteter systematischer Diskriminierung, weil sie nicht jüdischen Glaubens sind; und palästinensischen Flüchtlingen, die von Israel vertrieben wurden, wird das Recht genommen, in ihre Heimat zurückzukehren.

Die Vereinigten Staaten sind in vielerlei Hinsicht ein wunderbares Land. Auf meinen Reisen habe ich eine wundervoll facettenreiche Gemeinschaft von Menschen kennen gelernt, von denen viele ihr Leben dem Einsatz für Menschenrechte und Gleichheit gewidmet haben. Aber die US Politik gegenüber Palästina und Israel ist von Ungerechtigkeit geprägt. Sie ist nicht vereinbar mit den edlen Idealen von Freiheit, Menschenrechten und Demokratie.

Tatsächlich war es das Lesen der Werke solcher Vorbilder wie Nelson Mandela, Mahatma Gandhi und Ihres Menschenrechtspioniers Martin Luther King jr., die mich überzeugt haben, in meinem Leben gewaltfreie Widerstandsmethoden zu wählen, um einen Weg für mich selbst und mein Volk zu finden. Einen großen Teil meiner Kraft und Strategie verdanke ich M. L. King und ähnlichen Denkern.

Leider haben die USA ihre militärische Hilfe für Israel auf 38 Milliarden Dollar für die nächsten zehn Jahre ausgebaut. Mehrere amerikanischen Präsidenten haben die Palästinenser ermahnt, der Gewalt abzuschwören und sich stattdessen in friedfertigen Protestaktionen zu engagieren, z. B. in Freiheitsmärschen oder Kunst- und Musikkampagnen an Kontrollübergängen, wie meine Kollegen und ich sie durchführen.

Wenn aber Israel direkt gegen Menschenrechtler wie mich vorgeht, tun die USA eigentlich nichts. Die Wirklichkeit ist die, dass die große Mehrheit der Palästinenser dasselbe wollen wie Amerikaner und andere Völker: ein Leben in Freiheit und Würde; die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen und zu arbeiten, ohne durch Einschränkungen erstickt zu werden; die Chance zu haben, die eigenen Kinder großzuziehen und ihnen eine Zukunft in Wohlstand zu bieten.

Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich mit vielen Amerikanern zusammen arbeite, die hoffen, dass der Palästinensische Traum von Gleichbehandlung Wirklichkeit wird. Jenseits dessen, was meine Kollegen und Gleichgesinnte sagen, zeigen kürzlich veröffentlichte Umfragen eine vielversprechende Änderung: Eine wachsende Zahl von Amerikanern erwartet von ihrer Regierung, dass sie eine Politik betreibt, die auf mehr Freiheiten der Palästinenser ausgerichtet ist, anstatt dass sie die Fortsetzung israelischer Apartheidsbestrebungen unterstützt.

Wenn Sie als nächster Präsident der Vereinigten Staaten Fortschritte in Richtung eines gerechten und andauernden Friedens in der Region erreichen wollen, dann müssen Sie die Palästinenser genauso mit Respekt behandeln wie die Israelis und Druck auf die Israelis ausüben in dem Sinne , dass sie die Rechte der Palästinenser respektieren. Es geht hier um nicht weniger als ein Gründungsprinzip der Vereinigten Staaten, Ihres großartigen Landes: Alle Menschen sind gleich geschaffen.

Als Palästinenser kämpfen wir darum, in einer Gesellschaft zu leben, in der unsere Gleichheit und Gleichberechtigung der Wirklichkeit entspricht und nicht ein Traum ist. Hochachtungsvoll, Issa Amro

- Der Palästinensische Staat hatte niemals eine Chance: eine Rezension von Toufic Haddads Palestine Ltd.: Neoliberalismus und Nationalismus im besetzten Territorium

Die israelischen Medien berichten kaum über Palästina. Obwohl viele lokale korporative Nachrichtenagenturen (outlets) Korrespondenten für „arabische Angelegenheiten“ haben, (ist das) eine schwache koloniale Position, die nach Paternalismus riecht; 99,9% der jüdischen Journalisten leben in Israel selbst (oder in den besetzten palästinensischen Gebieten) und verbringen kaum eine ernstzunehmende Zeit in Palästina (außer wenn sie in der israelischen Armee dienen). Angesichts der Nähe der beiden Völker zueinander verzerrt der Mangel an palästinensischen Perspektiven (die Meinungen).

Mit bemerkenswerten Ausnahmen wie die Ha’aretz-Journalisten Amira Hass und Gideon Levy, die in der Westbank leben, sowie dem 972Magazin, ist es das unvermeidliche Resultat, dass die meisten Israelis die Palästinenser durch die Sicherheitsbrille sehen.

Die Medien verstärken noch diese inhärente Voreingenommenheit. Palästinenser werden als fremde Bedrohung gesehen, die ohne nachzuprüfen gefürchtet oder verabscheut wird. Es überrascht deshalb nicht, wenn Kontakt zwischen israelischen Juden und Palästinensern immer seltener wird, außer an einem Militärcheckpoint oder einem von Israel geführten Industriepark in der Westbank.

Diese Dinge gehen über die israelische Presse hinaus. Ich denke seit langem, dass die Berichterstattung umso schlechter wird, je mehr internationale Journalisten in einer Stadt oder einem Land leben. Das mag eine merkwürdige und den Fakten widersprechende Schlußfolgerung sein. Verbessern mehr Augen und Ohren wirklich die Berichterstattung? Tatsächlich geschieht das Gegenteil, weil sich schnell eine Herdenmentalität entwickelt und wenige Journalisten, auch wenn sie sich selbst anders überzeugt haben, Außenseiter sein möchten. Man denke an London, Washington, Canberra und Jerusalem, wie wenige unverwechselbare Stimmen kommen von dort! Viel zu viele Reporter leben und atmen dieselbe Luft, sprechen mit denselben Quellen, essen an denselben Plätzen und verkehren mit denselben Leuten. Ich bin nicht immun, ich bin selbst Journalist, aber ich habe mein Berufsleben lang die beruhigende Umarmung des stenografischen Berichtens abgelehnt.

Als ich 2015 im Süd-Sudan lebte, führte der Mangel an kritischen Journalisten (und an Berichterstattern überhaupt) dazu, dass das Land am Rande eines Genozids stand, was in der internationalen Arena meist unbeachtet blieb (obwohl natürlich die strategische Bedeutung tragischerweise viel geringer als die Israels war). Eingebetteter Journalismus, nicht unbedingt Arbeit an der Seite des Militärs, aber die psychologische Ausrichtung auf Regierungen und Amtsträger, bei der man ihnen Anonymität zusichert, ist das Gegenteil von gegnerischem Journalismus.

Es ist eine Schande, dass 2017 die große Mehrheit der in Israel lebenden ausländischen Journalisten, die für korporative Medien arbeiten, nicht gut Hebräisch oder Arabisch sprechen. Kaum jemand hat seinen ständigen Sitz im Westjordanland, von Gaza ganz zu schweigen.

Ist es nicht an der Zeit, sich für die Erklärung des Nahen Ostens weniger auf Westler zu verlassen und stattdessen arabische Reporter zu fördern und zu unterstützen, die mehr gelebtes und historisches Verständnis haben? Oder die Westler mit größerer globaler Erfahrung zu benutzen als bloß in inselartigen Pressetribünen zu arbeiten? Oder wie wäre es mit Anti-Zionisten, ob Christen, Juden oder Muslime, denen mehr Sprech- oder Sendezeit zugebilligt würde? Der Effekt des Schaumblasen-Journalismus ist in Jerusalem weit verbreitet.

Palästinensische Stimmen waren niemals wichtiger, besonders jetzt, da 2017 das 50. Jahr der israelischen Besatzung palästinensischer Gebiete ist und bislang jüdische und zionistische, amerikanische Journalisten eine Schlüssenrolle bei der Erklärung des Nahostkonflikts für die amerikanische Zuhörerschaft haben. Wo sind die arabischen und palästinensischen Stimmen, um das, was Zionisten Jahrzehnte lang in der Presse behauptet haben, zu ergänzen und in Frage zu stellen? Die New York Times sieht sich noch immer nach einer Zwei-Staaten-Lösung um und denkt verrückterweise, sie könnte gerettet werden.

Die mangelnde palästinensische Vertretung in den Mainstream-Medien könnte so leicht korrigiert werden. Palestina Ltd. zu lesen und daraus zu lernen wäre ein guter Anfang. Toufic Haddad hat eine beeindruckende Anklage des internationalen Konsenses über Palästina und den gescheiterten Oslo-„Friedensprozess“ geschrieben. Empfohlen (unterstützt) von Naomi Klein und kürzlich vor vollem Haus in Ost-Jerusalem gestartet – ich war dort und fand Haddads Rede beeindruckend in seiner auf Beweisen beruhenden Denunzierung der US- und (anderen) ausländischen Geber für die palästinensische Sache in den letzten 20 Jahren. Palestine Ltd. malt ein düsteres Bild von den palästinensischen Hoffnungen auf einen eigenen Staat. Haddad zeigt, wie er (dieser Staat) bereits bei seiner Geburt ermordet wurde.

In seiner Einleitung erklärt Haddad die zentrale These anhand der Versprechungen, die den Palästinensern seit den 1990er Jahren von der Geber-Community gemacht worden sind. „Implizit in diesen Interventionen“, schreibt er, "war die Vorstellung, dass die unsichtbare Hand des Marktes Israelis und Palästinenser zum Frieden führen würde, (sie) sorgte dafür, dass die internationale Gemeinschaft dieses Arrangement finanziell und politisch unterstützte und die Schaffung eines adaequaten, motivierenden Arrangements ermöglichte. Die Ankunft dieser politischen Winde an den vom Konflikt geschüttelten Gestaden des palästinensischen Settings mit Frieden schaffenden und Statebuilding-Maßnahmen der westlichen Geber stellte die Weichen für das, was geschah, als ’eine Armee von Freiheitskämpfern’ auf eine frühere Armee von palästinensischen nationalistischen ’Freiheitskämpfern’, verkörpert durch die PLO, traf.

Palästina wurde für alle darin engagierten Aktoren, von Gebern bis zu westlichen Staaten ein sehr profitables Business. „Palestine Ltd. kann ungefähr als operationelles Endspiel westlicher Geberinterventionen zur Entwicklung/Friedensförderung/Staatsbildung beschrieben werden“, behauptet Haddad, „wobei diese Körperschaft als Variante einer shareholding Aktiengesellschaft mit internationalen, regionalen und lokalen Investoren des einen oder anderen Typs funktioniert.“

Die Stärke des Buches liegt in der Art und Weise, wie es methodisch aufzeigt, wie jede ernst zu nehmende Palästinensische Autonomie von Anfang an bewußt auf Scheitern angelegt war. Viele westliche Geber behaupteten 1990 und auch jetzt in gutem Glauben zu handeln, sie meinen, pro-Palästina zu sein bedeute noch mehr Geld in die Palästinensische Autonomiebehörde zu pumpen, auch nach Jahrzehnten festverwurzelter Vetternwirtschaft und israelischer Besatzung – an welchem Punkt sollte das Geld einfach aufhören, die PA aufgelöst und Israel gezwungen werden, seine eigene Besatzung selbst zu managen und das (besetzte) Volk (zu versorgen)? Das ist eine Realität, die Israel fürchtet und die erklärt warum die Zusammenarbeit zwischen der PA und Israel konstant ist und nicht zu enden scheint, obwohl israelische Minister die PA mit Schmähungen überschütten.

Haddad untersucht die Erklärungen der Weltbank in den 1990er Jahren, die Ideen, die Grundlage für das gescheiterte wirtschaftliche Experiment wurden, das in Palästina noch immer läuft. „Die Ökonomen der Weltbank ignorierten ganz offensichtlich die Bezugnahme auf die übertriebene Bestimmung der besetzten palästinensischen Gebiete unter einem ausgedehnten Siedlerkolonialen Arrangement, das durch massive soziale und politische Umbrüche und strukturelle Deformationen charakterisiert ist.“

Diese willentliche Blindheit erinnert daran, wie die Weltbank und andere globale Finanzinstitutionen Griechenland wie einen Sandsack behandeln, während seine Wirtschaft zusammengebrochen ist und das Volk leidet. Man hat sich kaum um die prekäre Lage gekümmert oder interessiert, in der Menschen ihr Leben wegen dem extremen Sparprogramm nach der Finanzkrise von 2008 verloren haben oder es verschrammt wurde. Sowohl die Weltbank als auch der IWF gingen ohne Rücksicht auf den öffentlichen Protest in Griechenland, den Widerstand gegen die Regierung und die wachsenden sozialen Mißstände vor. Man nahm an, Privatisierung wäre das Patentrezept. Öffentliche Güter zu verkaufen war die Antwort. Es ist zwar nicht gelungen, aber, wie es immer ist, niemand wurde zur Verantwortung gezogen.

Ähnlich war das Wachstum des Privatsektors Priorität der Weltbank in Palästina in den 1990er Jahren, wie Haddad aufdeckt. Ihr erklärter Traum war gegen eine „Wendung nach innen“ gerichtet, statt dessen nutzte sie den Bedarf der Westbank und des Gazastreifens, um „woanders Chancen aufzutun, vor allem in Jordanien, Ägypten und den Golfstaaten, während man offene Handelsbeziehungen mit Israel aufrecht erhielt“.

2016 fand die UN, die palästinensische Wirtschaft könnte doppelt so groß sein, wenn die Besatzung aufgehoben würde. Die Restriktion von Gütern, Menschen und Bewegung hat das tägliche Leben zerstört. In Gaza ist die Situation noch schlimmer. Als ich Ende 2016 dort war, wurde mir von den UN und vielen Zivilpersonen gesagt, dass die beinahe 10 Jahre andauernde, von Israel verhängte Blockade, nie rigider gewesen sei. Ägypten ist für die katastrophale humanitäre Situation ebenso verantwortlich.

Gaza wird von den israelischen Medien weitgehend ignoriert, kürzlich hat aber ein Interview von Ha’aretz mit einem Palästinener, der im Westjordanland lebt und in Gaza in einer mobilen Klinik mit Ärzten für Menschenrechte arbeitet, die desparate Situation (environment) geschildert. Im Januar hat ein Leitartikel von Ha’aretz ein Ende der Bestrafung des Gazastreifens durch Israel gefordert.

Das herrschende Narrativ über Israel/Palästina heute ist die brutale und effektive Art und Weise, mit der die Siedlerbewegung Israels Gegenwart und Zukunft definiert. Aus ihrer Perspektive ist der Siedlungsbau auf palästinensischem Land sehr erfolgreich gewesen und ist die Zahl der Sielder unter Benjamin Netanyahu gewachsen.

Palestine Ltd. ignoriert die Siedlungen nicht, aber der Fokus liegt meistens woanders. Nehmen wir Israels Beschluss Wasser- und Energieressourcen sicherzustellen, und wie sich dies auf sein Verhalten im frühen „Friedensprozess“ der 1990er Jahre ausgewirkt hat. Haddad interviewt Dr. Nabil Sha’ath, eine wichtige Person in der PLO und der politischen Partei Fatah. In einem aufschlussreichen Anmerkung erinnert Sha’ath an ein Treffen mit dem früheren israelischen Energieminister Mosheh Shahal:

„(Shahal) versuchte erst sein Bestes, um eine Beziehung mit mir herzustellen, als ich das erste Mal dazu kam. Er kam mit einem Vorschlag von Rabin:“Lassen Sie uns Energiehandel, Energiewirtschaft und Energietransport teilen.„“Was meinen Sie?„, sagte ich.“Es wird Frieden sein„, sagte er.“Sie werden nicht glücklich sein, wenn wir diesen Frieden einfach nutzen, um die Pipelines durch Haifa von Saudiarabien und vom Irak zurückzubekommen (die von den Briten gebaut und nach der Gründung des Staates Israel 1948 aufgehört haben zu funktionieren). Also schlage ich vor, dass wir gemeinsam zu den Arabern gehen und den Export von Gas, der über Pipelines nach Gaza und Ashdod kommt, fifty-fifty unter uns aufteilen...

Für Rabin sah es so aus, als ob die Palästinensische Autonomiebehörde notwendig sei bei der Suche nach Wasser und Energie von den Arabern."

Mehr als zwei Jahrzehnte später könnte die Situation nicht unterschiedlicher sein. Israel behält routinemäßig Wasser und Strom vom palästinensischen

Territorium ein, beutet die riesigen Funde an Naturgas vom Gazastreifen aus und prüft (den Bau von) Pipelines in die Türkei und nach Griechenland. Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen sind vom Wohlwollen seiner Herrscher abhängig, Israel gemeinsam mit der PA und der Hamas.

Der wohldurchdachte israelische Plan der letzten Jahrzehnte, Spannungen mit den Palästinensern zu schüren und Israelis und die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass es auf der anderen Seite keinen Partner für den Frieden gebe – eine Sicht, die die israelischen Geheimdienst nicht teilten -, spielt wie erwartet keine Rolle mehr. Feindseligkeiten wurden vertieft, weil sie politischen Zwecken dienen. Haddad schreibt, dass „Israel plante, einen starken Schock ähnlichen Effekt in die palästinensische Gesellschaft und ebenso in die Führungsschicht zu bringen. Das war wichtig, um sowohl aktiv als auch passiv plötzliche Krisenbedingungen zu schaffen, deren Erschütterungen in allen Bereichen des palästinensischen Lebens zu spüren wären.“

Palästinenser gelten noch immer als unwürdig für Freiheit, Unabhängigkeit und volle Rechte. Bret Stephens, ein Kolumnist des Wall Street Journal, ein von Rupert Murdoch anerkannter Hasser von Palästinensern und Arabern, und der die Bombardierung der muslimischen Welt befürwortet, schrieb Anfang Januar, die Palästinenser verdienten keinen eigenen Staat. Es hat nicht überrascht, dass das Wort „Besatzung“ in seiner Abhandlung nicht vorkam.

Die Palästinenser haben nicht vergessen, wie sie von den Mächten betrogen wurden, die behauptet hatten, sie würden sie von der israelischen Kontrolle befreien. Nach der palästinensischen Wahl von 2006, die von Hamas in einem eindrucksvollen Rüffel für die vom Westen unterstützte Palästinensische Autonomiebehörde gewonnen wurde, kapitulierten westliche Geber vor dem israelischen und US-amerikanischen Druck und boykottierten das Wahlergebnis, indem sie eine finanzielle und politische Blockade über die Regierung verhängten. Haddad argumentiert, dies habe „an die palästinensischen Wähler eine klare Botschaft darüber gesandt, wie ehrlich die westlichen Geber mit ihren Forderungen nach einer palästinensischen Reform oder einem liberalen Friedensabkommen waren.“

Die Trump Administration hat die Möglichkeit und ist daran interessiert, die Orientierung des israelisch-palästinensischen Konflikts radikal zu ändern. Platituden über die Zwei-Staaten-Lösung scheinen seltener zu werden und ganz zu verschwinden. Israel wird sein Siedlungsprojekt mit wenig oder ohne Druck von Washington erweitern. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist trotz ihrer Gegner im US-Kongress ein notwendiges Feigenblatt für das israelische Kolonisierungsprojekt.

Palestine Ltd. ist eine notwendige geschichtliche Lektion und ein ebenso Führer für die Zukunft, wenn frühere Fehler und Irreführungen vermieden werden sollen. Der derzeitige Kurs in Palästina weist jedenfalls auf einen politischen Stillstand, außer eine jüngere, weniger korrupte und fähigere palästinensische Führung übernimmt die Macht und hört auf, sich auf leere westliche Versprechen zu verlassen.

Quelle Übersetzung: K. Nebauer

The real Landlords of Israel are the Settlers

Israeli Journalist Gideon Levy (GL) / Shir Hever (SH)

Shir Hever: Sie haben gerade einen Artikel veröffentlicht in Middle East Eye unter dem Titel; wie die israelischen Siedler einen Deal mit Netanjahu gewinnen. Können wir ein wenig über diesen Artikel reden.

Vielleicht können Sie damit beginnen, uns in ein paar Worten zu sagen, was es mit dieser Siedlung Amona auf sich hat und wie viele Leute dort leben

GL : Etwa 40 Leute leben dort auf privatem gestohlenem Land. Es ist einer dieser sog. illegalen Außenposten, obwohl dies ein künstlicher Name ist, weil jeder weiß, dass alle diese Siedlungen illegal sind.

SH: So, Dror Etkes, ein israelischer Rechercheur der Siedlungen, nennt Ofra „Die Mayblume“ der Siedler-Bewegung. Können Sie erklären, was das für die Siedlungs-Bewegung bedeutet, die Siedlerbewegung in der Westbank, und warum sie wichtiger sind als andere.

GL: Sie sind wichtiger, weil sie die Gründungsväter und –Mütter sind. Ofra ist eine der ersten Siedlungen und eine der größten und sie sind am besten ausgestattet. Sie ist eine der Siedlungen der Ideologen, weil dort auf der Westbank viele Siedlungen sind, weil es da um billiges Wohnen geht. Das ist nicht bei Ofra der Fall. Hier geht es um die Ideologie. Die Geschichte von Ofra ist eine interessante, weil es mit ihr anfing wie bei vielen anderen, mit einem großen Bluff. Es ging um eine Antenne für die Armee und dann behauptete die Armee, es müsse jemand auf die Antenne aufpassen. Und dann wurden die Wächter drum herum eine Siedlung von ein paar Hundert und schließlich von Tausenden von Einwohnern.

S.H. Die Siedler behaupten, dass dieser Bluff absichtlich so gemacht wurde – mit vollem Wissen der Regierung und diese sagte, dass es gut ist, dass sie dieses Land nahmen und darauf siedelten und dass sie nicht evakuiert werden

GL: Nicht nur das. Die Regierung sorgte für Strom und Wasser. Sie befestigten ihre Straße. Ich denke, die einzige Schuld ist der Regierung zu geben, nicht den Siedlern. Sie versuchen so viel sie können. Doch die Regierung steht hinter allem. Deshalb muss nur der Regierung die Schuld gegeben werden.

SH: Jetzt erwähnten sie, dass die Kompensation den Siedlern gegeben wird $ 40 Mil. Und sie sagten gerade, dass dort 40 Familien leben. Diese Summe bis etwa $ 1Mill. pro Familie, wie ist das möglich? In der Tat hat die Untersuchung, die gerade vom TV-Kanal 10 veröffentlicht wurde, ergeben, dass die Siedler nicht einmal ein Haus besitzen. Sie hätten sie nur gemietet. Dennoch wird ihnen genug Geld gegeben, dass sie ein Haus kaufen können.

GL: Nein. Die $40Mill. werden für die ganze Operation gebraucht, um die Siedler an einen andern Ort auf diesem Hügel zu bringen und jede Familie bekommt viel weniger, weil ein Teil der Ausgaben für den Umzug und für das Bauen neuer Häuser und das Bauen für öffentliche Gebäude ist, wie eine Synagoge und alles was sie sonst brauchen. Es ist noch immer eine skandalöse Summe Geld. Es zeigt wieder einmal, dass es um wirklichen Wert in diesem Fall . Es geht auch immer wieder um Geld. Ich schrieb oder sagte irgendwo in dieser Woche im israelischen TV, wenn ich ein Siedler wäre, würde ich mich grässlich geschämt haben für dieses Phänomen, weil wir plötzlich merken, dass es nicht um Ideologie, nicht um Glauben. Es geht immer nur ums Geld.

SH: Und was denken Israelis darüber, wenn die Regierung bereit ist, so viel Geld an eine so kleine Gruppe von Leuten? Gibt es darüber Proteste?

GL: Leider haben die Israelis schon vor langer Zeit aufgehört, zu denken und diese Dinge interessieren keinen und steht kaum auf ihrer Tagesordnung. Die Israelis beschäftigen sich vor allem mit ihren nächsten Ferien und ihr nächstes neues Auto. Dies ist sehr bedauerlich, aber keiner macht die Verbindung zwischen ernsten sozialen Problemen und dem Geld, das zu den Siedlern geht. Irgendwie bleiben die Israelis total gleichgültig und blind und da gibt es keinen, der sie aufweckt.

SH: Das ist sehr interessant, weil auch Sie in ihrem Artikel sagen, dass sogar die allgemeine Öffentlichkeit dazu meistens apathisch ist, wie sie sagen. Sie kümmern sich nicht darum und sie denken darüber nicht nach. Sie protestieren auch nicht. Aber die Regierung befasst sich viel mit diesem Fall. In der Tat gab es ein Video, das vom Ministerpräsident Netanjahu gleich am nächsten Tag veröffentlich wurde . Er sagte darin, dass die Regierung sich viele Stunden damit befasst hat, mit Versuchen, um diese kleine Siedlung zu retten. Und Sie haben dies auch in ihrem Artikel erwähnt. Und das Arrangement-Gesetz, dieses Gesetz, das sie verabschieden wollten, um diese illegalen Siedlungen zu legalisieren. Warum gibt die Regierung sich hier so viel Mühe um dieses Problem? Wegen der Öffentlichkeit, die sich aber nicht darum kümmert?

GL: Klar, der größte Teil der Öffentlichkeit kümmert sich nicht darum – aber genau das ist der Grund, warum Ministerpräsident Netanjahu hier so handelt… ich bin mir nicht sicher, ob er sich so sehr um Amona kümmert, ob dies an der Stelle bleibt oder nicht. Das einzige, was er will; er will jede Art von Bild vermeiden, in dem Siedler mit Gewalt evakuiert werden. Dies will er auf keinen Fall, während seiner Amtszeit.

Deshalb zahlt er jeden Preis, um sie zu überzeugen, dass sie ohne Gewalt dort umziehen.

SH: Sie erwähnten auch in ihrem Artikel, dass die Siedler die mächtigste Lobby ist oder die den größten Druck innerhalb Israel versuchen. Was ist die Quelle ihrer Macht?

GL: Sie haben so viel Einfluss - hier muss die Wahrheit gesagt werden - sie sind die einzige Gruppe in Israels Gesellschaft, die einzige große Gruppe, die bereit ist, zu kämpfen, die seit vielen, vielen Jahren für ihre Sache kämpfen und die wirklich auf sehr sensible Empfindungen in der israelischen öffentlichen Meinung spielen. Sie erpressen Regierung. Es begann nicht jetzt, seit den 70er Jahren erpressen sie eine Regierung nach der anderen, werden von ihnen eingeschüchtert und ich muss sagen, sogar die Armee wird von ihnen erpresst. Sie sind die wirklichen Grundbesitzer von Israel oder wenigstens von seinen besetzten Gebieten und jeder Politiker wird von ihnen eingeschüchtert.

SH: Nun gut , vielen Dank Gideon Levy für diese Kommentare. Wir werden weitermachen in dieser Geschichte und ich hoffe, dass sie damit einverstanden sind, dass wir uns treffen und dieses Gespräch fortführen.

GL: es war mir ein Vergnügen ….. Quelle - (dt. Ellen Rohlfs)

Warum Israel möchte, dass wir „Terror“ sagen
Jonathan Ofir - 13.01.2017

Michael Lesher und ich haben beide Artikel geschrieben, in denen wir das ’Terror’-Narrativ in Bezug auf den LKW, der israelische Soldaten in Ost-Jerusalem gerammt hat, in Frage stellten: Lesher in Times of Israel und ich in Mondoweiss (beide Artikel über das Original anzuklicken, Ü.). Aus verschiedenen Perspektiven haben wir im Wesentlichen behauptet, dass das eher unkritische Etikett ’Terror’ nicht das ganze Umfeld (Setting) einer Person unter Besatzung zu berücksichtigen scheint, die Soldaten im besetzten Gebiet angreift – was daraus eher direkt einen Akt des Widerstands macht, nicht Terror. Wir haben beide angemerkt, dass Netanyahus Behauptung einer Verbindung zum IS nichts als dunkle Andeutungen ohne erkennbare tatsächliche Begründung sind, offensichtlich heraufbeschworen zu dem Zweck, diesen Fall als ’unprovozierten’ Akt des Hasses, losgelöst von der lokalen Realität der Besatzung und in Zusammenhang mit der globalen Terrorbedrohung gebracht.

Wie Sie sich vorstellten können, kann eine solche Herausforderung hitzige Debatten und Beschimpfungen anziehen. Gestern wurde ich in Kommentaren einen „*f-ing herzlosen Idioten*“ genannt, während Michael scheinbar viel mehr abbekommen hat. Ich will nicht zu sehr in Bemerkungen schwelgen, wie „widerlicher Mensch“, „dementer Hanswurst“, „verdrehter Kopf“, „niederträchtig“, „Subkategorie von Mensch“, „krank“ usw. Das sind Israelis oder Israel-Unterstützer, die von unseren Ideen extrem verletzt zu sein scheinen. Es scheint, dass wir dadurch, dass wir die ganze ’Terror’-Etikettierung in Frage gestellt haben, einen wunden Punkt berührt haben. Es fragt sich, was dieser Punkt wirklich ist, und warum es so anstößig ist.

Wir haben beide unsere Argumente vorgebracht, es ist nicht nötig, sie zu wiederholen. Aber ich möchte das noch ein bißchen erweitern, für ein kritischeres Denken.

Michael und ich haben in unseren Artikeln unabhängig voneinander nicht einmal die Frage gestellt, ob es wirklich ein Anschlag war. Eine solche Frage kann definitiv gestellt werden – es ist möglich, dass der Fahrer aus vielerlei Gründen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat. So hat z.B. ein jüdisch- israelischer Fahrer am 8. Juni einen Herzinfarkt am Lenkrad erlitten und ist in ein Tel Aviver Café gekracht und hat dabei zwei Menschen getötet und sechs verletzt (er ist nachher gestorben). Sofort nach dem Unfall zogen Passanten den Bewußtlosen aus dem Wagen und begannen ihn zu verprügeln, im Glauben er sei Palästinenser und sei absichtlich in das Restaurant gefahren, wie die Frau des Restaurantbesitzers (meinte). „Das Restaurant war voll von weißem Staub. Zuerst dachte ich, es wäre ein Terroranschlag“, sagte Shosha San gegenüber dem israelischen Kanal 10. „Sie dachten, der Fahrer wäre ein schlechter Mensch und verprügelten ihn“, sagte sie. „Er war bewußtlos.“

Also wurde der jüdische Fahrer für „keinen guten Menschen“ gehalten. Und deshalb musste er verprügelt werden, möglicherweise zu Tode, während er bewußtlos war. Aber später merkten sie alle, dass er ein „guter Mensch“ war. Kein Grund also wegen dem Typen Angst zu haben, (kein Grund) zu falschem Alarm, es war bloß der traurige Fall eines „guten Menschen“, der einen Herzanfall hatte (dabei ziehen wir noch gar nicht in Betracht, dass die, die ihn geschlagen haben, ihn getötet haben könnten), keine Übeltäter hier, es ist alles gut.

Aber Fadi al-Qanbar? O nein, nachdem er die Soldaten überfahren hatte, fuhr er rückwärts. Entsprechend der Zeugenaussage des Fremdenführers, der auf ihn schoss (und beanstandete, dass die Soldaten so langsam reagierten, womit er unterstellte, es sei ein „Azaria“-Effekt gewesen), als der Fahrer rückwärts fuhr, verstand er, dass es Terror war. Kein Zweifel. Könnte es möglich sein, dass al-Qanbar die Kontrolle (über sein Fahrzeug) verloren hatte, und in Panikl geraten war, als er erkannte, dass er in dutzende Soldaten gerasselt war, die sich jetzt um ihn scharten, weil er wußte, dass er sehr gut gelyncht (außergerichtlich exekutiert) werden könnte, so wie es oft der Fall ist mit Menschen, die als „keine guten Menschen“ wahrgenommen werden? Manche mögen sagen, das sei unwahrscheinlich – aber wir werden es wahrscheinlich nie erfahren, weil er auf der Stelle getötet worden ist.

Aber solche Überlegungen werden unter der Mainstream-Wahrnehmung von „Terror“ als sehr abwegig gesehen. Wie ich vorhin an Michael Lesher geschrieben habe: „Ich hatte beschlossen, nicht all diesen zusätzlichen Fragen nach“begründeten Zweifeln„nachzugehen, weil die reflexhafte Etikettierung als“Terror„an sich schon zu viel war. Im Licht einer scheinbar ’radikalen’ Infragestellung des Narrativs, was wir beide machten, schien mir, dass zusätzliche Fragen für (meine) These kontraproduktiv wären. Ich wollte nur die eklatanteste Vermutung –“Terror" - in Frage stellen.

Wie man leicht sehen kann, ist schon die Infragestellung von „Terror“ extrem umstritten und erscheint vielen als Beleidigung. Eine solche Vermutung mit vernünftigen Gründen unter Einbeziehung des internationalen Rechts wird oft als semantisch betrachtet, als pedantisch und ’herzlos’ – sogar wenn wir annehmen, dass es ein Anschlag war. Aber wenn man die Behauptungen israelischer Führer, die vage Verbindungen zum IS herstellen, unkritisch übernimmt, gilt das als „sensibel“ und „einfühlsam“. Die Welt muss keinen Beweise für diese Behauptungen sehen, es wird einfach angenommen, dass sie wahr sind; dass der (vermutete) Anschlag eines Palästinensers, der unter der Besatzung lebt, im besetzten Territorium auf Soldaten gezielt hatte, ist anscheinend unwichtig. Es ist Terror, sagt Israel. Es wäre sehr unsensibel das in Frage zu stellen. Gehen wir kein Risiko ein, verurteilen wir! Das US-Außenministerium sagt: „Es gibt absolut keine Rechtfertigung für diese brutalen und sinnlosen ... Terror-Attacken.“

Wozu sich um Details kümmern? Verurteile! Verurteile! - und im Wettkampf der Verurteilungen können wir nicht auf Untersuchungen zur Klärung der Motive warten. Es scheint sicher zu sein zu vermuten – wie ich im Juni geschrieben habe.

Das ist es, was Israel möchte. Es möchte unsere Sympathie, besonders, wenn die Welt für unsere expansionistischen Ziele nicht genug Sympathie zu haben scheint. Deshalb möchte sie, dass die Welt „Terror“ sagt, und das kann nicht weit genug gehen, weil (damit) der eigene Terror weißgewaschen wird, sogar die Bombardierung des King David Hotels viele Jahrzehnte später, wie es Netanyahu getan hat. Wenn es sich um jüdischen zionistischen Terror handelt, kann man die Uneindeutigkeit unbegrenzt weit hinausdehnen. Aber mit palästinensischem Terror – geht das reflexartig, wir brauchen nur wenige Sekunden, um das festzustellen. Wir sind ganz bereit dazu, es wird bereits vermutet – „Terror“! Einfach, weil es „keine guten Menschen“ sind.
Quelle Übersetzung: K. Nebauer



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